„Ich nehme kein Gastgeschenk an, für den Fall, dass ihr das vorhattet: bitte nehmt mir nichts mit!…“
Was ist los, was lese ich da, was ist das denn, wieso, warum – das geht doch nicht. Kein Gastgeschenk! Fragezeichen in meinem Kopf. Hab ich etwa falsch gelesen. Tatsächlich, da stehts, schwarz auf weiß – sie will kein Gastgeschenk, mit Rufzeichen. Heißt aber, sie hat jedenfalls damit gerechnet, dass jede von uns etwas mitbringen wird. Unsere Valerie, die Großzügigkeit in Person und für sie will sie nichts?
Nein, das geht doch nicht oder etwa doch? Das wirft eine Frage auf, die sich immer wieder mal stellt. Wie ist das mit den Gastgeschenken? Angebracht oder nicht, gibt es einen Unterschied zwischen privat und beruflich. Für mich ein schönes Thema verpackt in eine leichte Sommergeschichte.
Zurück zum Beginn meiner Geschichte:
Ein paar Wochen davor. In meiner Erzählung gebe ich unserer Gastgeberin den Namen Valerie – der Name kam spontan. Er hat etwas zauberhaftes und auch geheimnisvolles. Für mich absolut passend für unsere Gastgeberin. Ich bin gespannt, wie sie auf den Namen reagieren wird.
Valerie rief mich an und fragte mich, ob ich mit ihr und zwei weiteren Frauen Lust auf einen Nachmittagsplausch hätte.
Die Freude war sehr groß, ein Blick in den Terminkalender und ich sagte sofort zu. Eine Einladung zum Nachmittagsplausch mit Kaffee und Kuchen. Fein!
Vier Frauen wie wir unterschiedlicher nicht sein könnten. Jede hätte meiner Meinung nach eine Lebensgeschichte, die erzählenswert wäre. Die jüngste noch in den 40igern, die älteste ist Valerie und hat kürzlich den 60iger erreicht, dazwischen die 50iger.
Rund zwei Jahre ist es her, als wir uns das letzte Mal alle zusammen an einem Tisch ausgetauscht haben. Umso größer freute ich mich, dass Valerie die Initiative ergriffen hat.
Das Treffen fand im Haus von Valerie statt.
Hier ein kleiner Einblick:
Valerie hat ein feines Haus mit für mich hohem Wohlfühlcharakter. Ein Landhaus. Ein kleiner Vorgarten, wo sie erst kürzlich einen sehr interessant wirkenden Baum gepflanzt hat – sieht in etwa aus wie ein Olivenbaum, ist aber keiner. Falls Sie einen schönen Baum suchen, schauen Sie sich mal eine Weidenblättrige Birne an. Ein sehr schöner Baum.
Als ich mich dem Haus näherte fiel mir dieser gleich auf und auch Valerie. Sie stand strahlend in einem entzückenden Sommerkleid im Vorgarten und wartete schon auf uns. Wir kamen alle fast gleichzeitig an.
Beim Eintreten in das Haus erwartet einen eine Vielzahl von Details – liebevoll und künstlerisch zusammengestellt.
Ich bin immer wieder erstaunt, wie man so viele Dinge doch so gestalten kann, dass alles seinen Platz hat und gleichzeitig genügend Raum bekommt, um zu wirken.
Valerie ist bei der Gestaltung eine wahre Meisterin.
Die Möbel, die Bilder an den Wänden, die Accessoires, jeder einzelne Gegenstand hat so seine eigene Geschichte und weckt eine regelrechte Flut von Erinnerungen. Das ganze Haus in einem schönen und
zauberhaften Landhausstil – ganz Valerie, unverkennbar.
Im Eingangsbereich geht es über 6 Stufen runter in den Küche-Wohn-Esszimmer-Bereich. Alles offen und ermöglicht einen sensationellen Blick in den Garten. Eine große Glasfront macht das möglich. Eine schön gestaltete Gartenlandschaft mit einem Schwimmteich erfreut das Auge.
Das Haus ist geländebedingt terrassenförmig und bekommt dadurch eine ungeahnte Großzügigkeit. Seerosen im Teich in unterschiedlichen Farben erhaschen sofortige Aufmerksamkeit.
Viel Holz und viel Natur und eben ganz viel Liebe zum Detail.
Nicht zu vergessen die Naturgeräusche.
Der Tisch auf der Terrasse war liebevoll gedeckt und nach einem Begrüßungsritual, Sie wissen schon, in die Arme fallen, Küsschen links und Küsschen rechts, lachen, als hätten wir erst gestern unser letztes Treffen gehabt – eine schöne Vertrautheit, gings los. Wir setzten uns, plauderten und durften auf die erste Köstlichkeit gespannt sein.
Einen Erdbeerkuchen vom Feinsten – auch ganz Valerie, üppig und einladend verziert. Sie war immer schon eine großzügige und kreative Gastgeberin. Und wenn sie zu Kaffee und Kuchen einlädt, kann man davon ausgehen, dass einem auch noch ein raffiniertes und kreatives Abendessen
serviert wird. So war es dann auch.
Zurück zum Thema Gastgeschenk:
Einen Tag vor dem Treffen erreichte uns die Nachricht: „Ich nehme kein Gastgeschenk an, für den Fall, dass ihr das vorhattet, bitte nehmt mir nichts mit!….“
Was tun?
Grundsätzlich gilt: ein Gastgeschenk mitzunehmen ist keine Pflicht, dennoch kommt man als höflicher Gast besser nicht mit leeren Händen. Das könnte unter Umständen unangenehm werden.
Mitbringsel gelten bei einer persönlichen Einladung als Akt der Höflichkeit und daher sollte ein Gastgeschenk auch mit Bedacht gewählt werden. Es zeigt unter anderem Respekt, Achtung und Wertschätzung gegenüber dem Gastgeber.
Eine Einladung auszusprechen ist mit einem gewissen Aufwand und Mühe verbunden. Planung, Engagement, Kreativität, Auswahl der Speisen und Getränke, Dekoration usw. werden jedenfalls auch mit einem Gastgeschenk gewürdigt und gilt auch gleich zu Beginn des Zusammentreffens als Dankeschön für die Einladung.
Sich mit dem Gastgeber im Vorfeld ein wenig auseinandersetzen macht Sinn. In welchem Verhältnis stehen Sie zum Gastgeber? Ist es Freundschaft, vielleicht könnte es eine werden oder ist es rein beruflich. Gute Beziehungen herzustellen, ist wahrlich eine Kunst.
Das Thema Gastgeschenke taucht in meinen Beratungen gerne auf. Ich empfehle immer sich mit dem Gastgeber im Vorfeld ein wenig zu beschäftigen. Es macht die Auswahl des Gastgeschenkes zum einen leichter und zum anderen kann man davon ausgehen, das Richtige gefunden zu haben.
Als klassische Gastgeschenke gelten meist Blumen und Wein.
Dabei geht es nicht darum, Unmengen an Geld auszugeben, sondern das richtige Augenmaß zu finden. Angemessen ist hier der richtige Ansatz und der Anlass ist zu beachten.
Je enger die Beziehung, desto mehr Spielraum ist gegeben und der Kreativität sind dabei keine Grenzen gesetzt. Auch hier gilt es aber genauso, sich mit dem Gastgeber auseinanderzusetzen. Wenn die Vorlieben bekannt sind, fällt meist auch hier die Auswahl sehr leicht.
Ob ein selbst gepflückter Strauß oder Gewürze bis hin zu einem Gesellschaftsspiel, einem kleinen Fass Bier, selbst gebastelte Sachen, eine Zigarre, Konzertkarten, Pralinen oder was auch immer. Es gibt sehr viele Möglichkeiten, dem Gastgeber eine Freude zu machen und damit Würdigung und Wertschätzung entgegenzubringen.
Eine Führungskraft sagte lachend zum Thema: „ein Fläschchen Prosecco ist doch immer eine gute Idee.“
Es geht bei Gastgeschenken keinesfalls darum, sich gegenseitig zu übertrumpfen oder Unsummen an Geld auszugeben. Nicht der Preis bestimmt die Freude. Eine feine Geste der Wertschätzung und Dankbarkeit, das sollte es sein.
Noch ein Tipp:
wenn es ein Paar ist, nehmen Sie für beide ein Gastgeschenk mit.
Was würden Sie nun im Falle mit unserer Gastgeberin Valerie tun?
Unsere Beziehung ist eng und freundschaftlich. Wir kennen uns schon sehr lange und haben eine hohe Vertrautheit. Ich weiß ihre Vorlieben und ihr hohes Engagement als Gastgeberin.
Für mich war sofort klar: mein für sie ausgesuchtes Gastgeschenk kommt mit.
Ich bin froh, ihrem Wunsch mit Rufzeichen nicht nachgekommen zu sein.
Ihre Erklärung noch: es sollte möglich sein, auch ohne Gastgeschenk eine Einladung anzunehmen.
Ja eh, freilich, wenn man sich so gut kennt vielleicht schon – aber es macht doch, abgesehen von Dankbarkeit und Wertschätzung doch auch wirklich Freude zu schenken – meinen Sie nicht auch?
Und: Hand aufs Herz: der „Schenkende“ hat doch bekanntlich meist eine große manchmal sogar die größte Freude am Geschenk.
Unsere Valerie hat sich sichtlich auch sehr über die Gastgeschenke gefreut.
Wir stellten nach intensiver Diskussion und Abwägen
aller Möglichkeiten einstimmig fest:
WIR LIEBEN GASTGESCHENKE!
Noch ein wichtiger Tipp zum Abschluss:
Denken Sie daran, sich unbedingt nach der Einladung telefonisch oder schriftlich zu bedanken!
Ich wünsche Ihnen viele Anlässe zum Übergeben von Gastgeschenken und
viele Ideen um als Gastgeber beschenkt zu werden!
Doris Jandl-Albrecht